Gezeichnetes Auge, das durch eine Lupe betrachtet wird – Symbol für Gesehenwerden, Achtsamkeit und innere Wahrnehmung.

Gesehen werden

December 12, 20257 min read

Der Tag begann damit, dass ich ausgeschlafen aufgewacht bin, leicht im Körper und klar im Inneren.

Dem inneren Kompass folgen

Wie gut es doch tun kann, auf den inneren Kompass zu hören, der am Vorabend deutlich signalisiert hatte: Stopp. Für heute ist es genug.

Unerledigter Aufgaben zum Trotz rief mir dieser Moment meine Achtsamkeit ins Bewusstsein - eine Haltung, die ich nicht nur vermittle, sondern auch selbst leben darf. Ich weiß, wie gut das nicht nur mir tut, sondern auch den Menschen und Tieren in meiner Umgebung.

An diesem Morgen hatte ich einen Termin für ein Facereading. Darauf freute ich mich schon seit Wochen. Ich durfte als Prüfungskandidatin zur Verfügung stehen. Positiv aufgeregt und freudig waren wir also beide.


Gesehen werden


Ein Raum für achtsame Wahrnehmung

Wie beschreibe ich Facereading?

Es ist eine achtsame Form der Wahrnehmung, bei der der Ausdruck des gegenwärtigen Moments im Mittelpunkt steht.

Beim Facereading wird das Gesicht als lebendiger Ausdruck dessen betrachtet, was ein Mensch gerade mitbringt. Über zweihundert verschiedene Gesichtsareale können Hinweise darauf geben, wie jemand im Moment im Leben steht – welche Qualitäten präsent sind, wo Kraft fließt oder wo es gerade empfindsam ist.

Dabei geht es nicht um Bewertung, Diagnose oder Festlegung. Vielmehr ist Facereading eine Einladung, sich selbst gesehen zu fühlen und sich bewusster mit dem eigenen So-Sein zu verbinden – getragen von einer Haltung der Anerkennung und Würdigung dessen, was ist.

Die Physiognomik erweitert diesen Blick über das Gesicht hinaus. Sie bezieht auch weitere körperliche Merkmale mit ein, etwa Kopfformen, Haarstrukturen oder bestimmte Körperachsen. Zudem unterscheidet sie drei grundlegende Naturelle – das Bewegungs-, Empfindungs- und Ruhenaturell –, die ergänzend beschreiben, wie Menschen Eindrücke verarbeiten, in die Welt gehen und zur Ruhe kommen.

In der Verbindung von Facereading und Physiognomik entsteht für mich ein besonders achtsamer Zugang zum Menschen: einer, der nicht erklärt oder festlegt, sondern wahrnimmt und würdigt. Einer, der auch dort Schönheit sichtbar macht, wo sie nicht gängigen Idealen entspricht – und die Versöhnung mit den eigenen Facetten ermöglicht.


Coaching be-rührt im gegenwärtigen Moment

Genau diese Haltung verbindet Facereading für mich mit gutem Coaching.

Gesehen werden, ohne beurteilt zu werden. Wahrgenommen werden, ohne erklärt zu werden.

Ein Raum, in dem sich ein Mensch mit sich selbst verbinden darf – und daraus Orientierung, Selbstannahme und innere Klarheit wachsen können. Und in diesem Raum der Wahrnehmung durfte ich an diesem Morgen selbst Platz nehmen und ließ mich be-rühren.

Es war eine Erinnerung an meinen Kern. Ein echtes Gesehenwerden.
Nicht im Sinne von Anerkennung – jener Art, die wir so oft im Außen suchen. Sondern ein Erkanntwerden dessen, was jetzt ist.

Eine Momentaufnahme, wie sie jede achtsame Begleitung kennt. Und doch eine, die mich unmittelbar mit der Essenz des Seins verband:

Nur der Moment zählt. Nur im Moment können wir uns fühlen, wahrnehmen, ankommen.


Heimatfilme und wunde Punkte

Die Vergangenheit ist dagegen wie das, was eine Kuh wieder und wieder hochwürgt, um es neu zu kauen und irgendwann zu verdauen.

Ich liebe Kühe – das liegt nicht zuletzt an meiner Kindheit auf dem Dorf. Ich war jeden zweiten Tag Milch holen, mit einer kleinen Metallkanne in der Hand. Und noch heute habe ich beim bloßen Gedanken daran diesen warmen, leicht süßlichen besonderen Geruch der Kälber in der Nase.

Diese Nähe zur Natur, die Selbstverständlichkeit des Kreislaufs hat mich geprägt.

Doch genau diese Fähigkeit der Wiederkäuer, das ständige Zurückholen und Weiterkauen, hat die Natur eben ihnen geschenkt. Uns Menschen nicht.
Und dennoch erzählen wir uns unsere alten Geschichten immer und immer wieder…

Heimatfilme“, wie eine Psychologin es in einem Kongress nannte, den ich in diesem Jahr besucht habe . Jede negative Erfahrung, jeder alte Glaubenssatz kann einen wunden Punkt berühren.


Klarheit statt Drama

Deshalb ist es so hilfreich, die eigenen wunden Punkte zu kennen. Dann müssen wir nicht in Kampf, Drama oder Rückzug fallen. Dann können wir klar und ruhig sagen:
Das ist gerade ein heikles Thema für mich. Lass uns dort bitte nicht weitergehen.

Eine klare Abgrenzung. Eine selbstbestimmte Wahl.
Klarheit - für mich selbst und mein Gegenüber.
Denn am Ende entscheiden wir selbst, ob wir gekränkt sind oder Frieden wählen. Ob wir uns in Richtung positiver Gefühle ausrichten – oder im Frust stecken bleiben.
Wie Karin Kuschik so treffend sagt: Wer mich ärgert, entscheide immer noch ich.

Das gilt auch für Kränkungen.

Es ist fast immer unsere Interpretation, die schmerzt. Und wie frei werden wir, wenn wir diese Interpretation bewusst wählen.

Ja, auch verantwortlich. Aber eben frei.

Wieder selbst zur Handelnden werden. Zum Akteur. Zum Steuermann. Zur Fahrerin des eigenen Lebens, statt Beifahrerin oder Zuschauerin im Fond.


Vom Reagieren zum Gestalten

Die Zukunft dagegen ist reine Spekulation – mein Mann und ich sagen in solchen Momenten scherzend Spekulatius. Nicht, um etwas Lächerlich zu machen, sondern um uns immer wieder bewusst zu erinnern. Zu viel Schwere, zu viel Ernst nehmen uns die Beweglichkeit.
Grübeln - ja.
Aber immer seltener.
Denn Trainieren hilft.

Und eine Frage begleitet mich neuerdings: Will ich das wirklich glauben?
Manchmal verändere ich nur die Betonung: Will ICH das wirklich glauben? Und plötzlich verschiebt sich etwas.

Zukunftsgedanken sind dann hilfreich, wenn sie uns ausrichten – nicht, wenn sie uns auffressen.
Ein Ziel schenkt Fokus.
Fokus schafft Spielräume.
Und Spielräume sind Freiheit.

All das hallt in mir nach.
Vieles wird sich sicher in den nächsten Tagen noch in mir bewegen.
All das ist Teil des Gesehenwerdens, das durch das Reading so tief in meinem Herzen angekommen ist.


Wenn etwas gesehen wird, das längst da ist

Um das Erlebte zu sortieren, brauchte ich Bewegung, Weite und Stille. Auf meinem anschließenden Spaziergang durch die Heide fügte sich zusammen, was im Reading und im Abschlussgespräch bereits angeklungen war:

In meinen Augen lassen sich Tiefe und Liebe erkennen.
Das hat mich unendlich berührt.

Als ich im Feedback-Gespräch auflöste, dass ich u. a. Tiefendialog-Coach bin und meine WunderB.A.R. zu Bewusstheit. Achtsamkeit und Reflektion einlädt, war die Freude auf der sehenden Seite unendlich groß. Und meine erst recht.

Das kann ein geschultes Auge sehen.
Es ist also etwas, das mir innewohnt.

Was für eine Bestätigung für meinen Weg!

Auch meine Müdigkeit war gesehen worden.
Nicht bewertet.
Nicht übergangen.
Sondern achtsam benannt.
Nicht als Makel, sondern als Ausdruck dessen, was gerade da war.
Vielleicht war es genau das, was diesen Raum so tragfähig gemacht hat.

Denn es ging hier nicht um einseitiges Prüfen oder Beurteilen.
Sondern um ein Geben und Nehmen.

Die Ausbilderin, Anita Horn-Lingk, die ihr langjähriges Wissen auch auf ihrem YouTube-Kanal teilt, und die frisch gebackene Facereaderin freuten sich wirklich sehr über das Sehen-Können. Ganz selbstverständlich fügte sich in dieses Erleben ein, dass die Prüfung bestanden wurde. Als liebevolles Zeichen dafür, dass etwas aufgegangen war, standen am Ende gelbe Rosen auf dem Tisch.

Und ich spürte – auch durch meine Anekdote vom Vortag aus dem Adventskalender –, wie stimmig es ist, das weiterzugeben, was ich selbst lebe.
Dass diese Haltung ankommt.

Beide bedankten sich für diese feine Erinnerung. Gerade in einem termin- und emotionsreichen Monat wie dem Dezember.

Und vielleicht ist es genau das:
nicht mehr –
und nicht weniger –
als eine zarte Erinnerung.

Eine liebevolle Erinnerung daran, dass Achtsamkeit, Gesehenwerden und Menschlichkeit auch im Alltag ihren Platz haben.


Achtsame Impulse im Kleinen

Diese Erfahrung fügt sich für mich nahtlos in etwas ein, das mich schon länger begleitet – und das viele aus meinem Adventskalender kennen.

Kleine, achtsame Impulse.
Ein Innehalten.
Ein Raum, der nichts fordert, sondern einlädt.

Auch dort geht es mir nicht um Leistung oder Optimierung.
Sondern um Bewusstheit.
Um das Gesehenwerden im Kleinen.
Und um die Erinnerung daran, dass Entwicklung leise beginnen darf.


Und ich sehe dich

Und vielleicht wird daraus ein Bild.
Ein Blick.
Ein Satz.
Gesehen werden ist ein Grundbedürfnis.

Und ich sehe dich.


Manche Prozesse lassen sich nicht erklären – sie wollen erlebt werden.

Der Gesang, den ich hier verlinke, begleitet mich gerade wie ein leiser Stammesruf:
"...each step I take, I shift, I rise."

Vielleicht magst du ihn dir anhören –
und spüren, was sich in dir bewegt.

Wenn du diesen Raum nicht allein betreten möchtest:

Ich begleite dich gern.

Katja Schoonbergen ist KreativCoachin & Gründerin der Wunder-B.A.R. Sie begleitet Menschen mit Stift, Herz & Humor dabei, ihre kreative Kraft (wieder) zuentdecken. Zwischen Journaling, Sketchnotes und alltagstauglichen Mini-Auszeiten lädt sie dazu ein, die eigene Leichtigkeit liebevoll zurückzuerobern.
In ihrer Heimat, der Lüneburger Heide, entstehen ihre Impulse – mit Leuchtturm-Blick, Cappuccino & einem Herz für Menschen, die oft zu viel geben.

Katja Schoonbergen

Katja Schoonbergen ist KreativCoachin & Gründerin der Wunder-B.A.R. Sie begleitet Menschen mit Stift, Herz & Humor dabei, ihre kreative Kraft (wieder) zuentdecken. Zwischen Journaling, Sketchnotes und alltagstauglichen Mini-Auszeiten lädt sie dazu ein, die eigene Leichtigkeit liebevoll zurückzuerobern. In ihrer Heimat, der Lüneburger Heide, entstehen ihre Impulse – mit Leuchtturm-Blick, Cappuccino & einem Herz für Menschen, die oft zu viel geben.

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