Holzbrücke über Wasser mit weitem Himmel, Symbol für Bewusstheit und Verbindung – Motiv aus Dänemark.

Feedback ist mehr als Kommunikation - und Bewusstheit mehr als Methode

October 07, 20257 min read

Zwischen Feedback und Verantwortung – warum Bewusstheit mehr ist als Methode

Ich habe kürzlich einen Post gelesen, der mich bewegt hat – und gleichzeitig aufgewühlt.

Er sprach mir aus der Seele, weil er Bewusstheit und Verantwortung betonte – und doch blieb in mir etwas hängen.

Etwas, das sich sträubte.

Vielleicht, weil ich in meiner Arbeit als Coachin und frühere Pädagogin täglich erlebe, wie stark Begriffe wie Feedback, Kommunikation oder Achtsamkeit inzwischen benutzt – und missverstanden – werden.

Oft mit besten Absichten.

Und doch mit Wirkungen, die erschöpfen, statt zu verbinden.

Ich meine: wir dürfen und sollten über diese feinen Unterschiede sprechen.

Denn wenn wir alles Kommunikation nennen, was geschieht, und alles Feedback, was uns bewegt, verlieren wir den Kern dessen, worum es wirklich geht – um Beziehung.


Inhalt


Wenn Feedback zum Dauerbrenner wird

Und während ich das schreibe, merke ich, wie viele Bilder mir dazu einfallen.
Situationen, in denen die „
Feedbackkultur“ des Alltags längst zum Dauerbrenner geworden ist – nicht als Raum für Begegnung, sondern als Nährboden für Überforderung.

Ich denke an Erzieher:innen und Entwicklungsbegleiter:innen, die zwischen Konzeptionsarbeit, Elterngesprächen, Dokumentationspflichten und Gruppendienst kaum noch atmen können.

Menschen, die Kinder liebevoll begleiten möchten – und stattdessen in ständigen Rechtfertigungsschleifen landen.

Feedback? Kommunikation?

Oft ist es stattdessen ein Mix aus Erwartung, Druck und Missverständnissen.

Da ringt ein Team monatelang um eine gemeinsame Konzeption – Wort für Wort, Satz für Satz, damit sie pädagogisch trägt, konsensfähig und im Alltag lebbar bleibt.
Ein Prozess, der Kraft kostet, aber auch verbindet.

Und kaum ist das Papier unterschrieben, entzündet sich am nächsten Tag vor dem Gruppenraum die Grundsatzdiskussion:

„Warum darf mein Kind sein Spielzeug heute nicht mitbringen?“

Natürlich geht es nicht um das Spielzeug.
Es geht um Kontrolle, um Macht, um Schuldgefühle, um alte Wunden.
Doch wer das anspricht, riskiert den nächsten Konflikt – also bleibt man freundlich, bemüht, erschöpft.

Statt über Haltung und das pädagogische Konzept dahinter zu sprechen, wird über Formulierungen diskutiert.
Statt echtes Miteinander zu leben, wird Feedback als Feigenblatt benutzt.

Und irgendwo zwischen all dem verlieren wir den Kern: die Beziehung.


Feedback ist kein Synonym für Kommunikation

Genau hier zeigt sich, warum Feedback und Kommunikation nicht dasselbe sind.

Kommunikation geschieht immer – auch im Schweigen, im Blick, im Augenrollen.
Sie ist der Strom, in dem sich Beziehung bewegt. Das wissen wir - spätestens im beruflichen Kontext durch
Paul Watzlawick.

Feedback hingegen ist eine bewusste Setzung:
ein Moment des Innehaltens, in dem ich mich entscheide, dem anderen etwas über meine Wahrnehmung zu sagen – respektvoll, bezogen, mit der Bereitschaft, Verantwortung für meine Worte zu übernehmen.

Feedback braucht drei Dinge: Zustimmung, Bewusstheit und Beziehung.
Kommunikation braucht Präsenz.
Beides ist wichtig – aber es ist nicht dasselbe.

Wenn wir das verwechseln, entstehen keine klaren Beziehungen, sondern Spannungsfelder, in denen niemand mehr weiß, was echt gemeint ist und was einfach gesagt werden musste.

Dann wird „offen“ zur Pflicht, „Feedback“ zur Floskel und „Kommunikation“ zur Daueranstrengung.

Und während wir versuchen, alles richtig zu machen, verlieren wir das, worum es eigentlich ging: Verbindung.


Warum so viele ausbrennen

Vielleicht ist genau das einer der Gründe, warum so viele Menschen in sozialen, pädagogischen und begleitenden Berufen ausbrennen.

Sie geben – von Herzen, aus Überzeugung, aus echtem Wunsch, etwas Sinnvolles beizutragen.
Aber sie geben oft mehr, als sie bekommen.

Und dann dürfen sie nur noch sein, wenn sie so tun, als ob:
als ob sie unerschütterlich wären,

als ob alles im Team harmonisch wäre,
als ob sie das, was sie sehen und fühlen, einfach ignorieren könnten.

Doch Authentizität hat in solchen Strukturen selten Platz.
Zu groß ist die Angst, anzuecken.
Zu erschöpft sind viele, um sich intern ehrlich auseinanderzusetzen.

Statt lebendiger Teamkultur entsteht eine müde Fassade aus wohlklingenden Begriffen:
„Reflexion“, „Offenheit“, „Feedbackkultur“.

Worte, die nach Haltung klingen – und doch so oft nur deren weichgespültes Echo sind.

Wirkliche Haltung wäre:
Vertrauen.
Verantwortung teilen.
Räume öffnen, in denen auch Unfertigkeit sein darf.

Und damit auch Fehler.

Denn nur, wenn wir uns aktiv mit unseren Fehlern beschäftigen, löscht das Gedächtnis sie nicht aus dem Lernprozess.

Aus Fehlern zu wachsen bedeutet persönlichen Gewinn. Mut für wiederholtes Handeln entsteht dann, wenn unser Gehirn Irrtümer als Lernprozess und nicht als Scheitern interpretiert.
Mut findet in uns selbst statt - als ein Entwicklungsprozess, der oft mitten in einer Krise beginnt. 🌱

Wenn wir nun diese Räume öffnen, in denen Unfertigkeit und Fehler sein dürfen. Dann wäre das die Einladung, Kompetenzen fließen zu lassen, statt sie aus Angst festzuhalten.

Geben und Nehmen in der Waage – wie schön wäre das.


Wenn Worte ihre Bedeutung verlieren

Besonders deutlich wird das an unserer Sprache. Sie ist Spiegel und Werkzeug zugleich - und manchmal auch Waffe.

Schon Kurt Tucholsky schrieb darüber, was Sprache vermag (Sprache ist eine Waffe). Sie kann trennen, hetzen, manipulieren - lange bevor Handlungen folgen. Als ich dieses Buch kaufte, hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass ich einmal sagen müsste: es ist an der Zeit, dass wir wieder lernen, Sprache für das Leben einzusetzen - nicht dagegen. 🌿

Oder, wie die Ärzte singen Worte haben Kraft.🎶

Worte, die ursprünglich Brücken bauen wollten, werden zu leeren Formeln.
Wir sprechen von Empathie, während sich Menschen in Talkshows gegenseitig anschreien.
Wir fordern Respekt, während Politiker sich anpöbeln und einander nicht ausreden lassen.
Wir plädieren für Menschlichkeit und Achtsamkeit – und leben gleichzeitig in einer Gesellschaft, die sich im Ton vergreift, sobald jemand anderer Meinung ist.

Zwischen gewaltfrei - oder eher weichgespült? - und hasserfüllt scheint kaum noch Raum für echte Begegnung.

Dabei wäre Sprache genau das: ein Mittel zur Verständigung. Nicht zur Bewertung.

Sprache kann trösten oder trennen, heilen oder verletzen.
Und sie verrät uns, ob wir wirklich zuhören - oder nur darauf warten, zu antworten.

Es ist, als würden wir die richtigen Worte kennen, aber den inneren Boden dafür verlieren.


Sonnenuntergang über der Holzbrücke bei Bagges Dæmning in Dänemark – Symbol für Bewusstheit, Vertrauen und den Weg zu innerer Klarheit.

Die Brücke als Bild

Ich mag das Bild der Brücke.

Es steht für Verbindung, Vertrauen und den Mut, einen Schritt aufeinander zuzugehen.

Doch nicht jede Brücke hält.
Manchmal braucht es einen Moment, um zu prüfen, ob sie trägt – oder ob alte Risse sichtbar werden, die zuerst heilen dürfen.

Manchmal misstraue ich der Brücke, nicht weil sie schwach ist, sondern weil ich es bin – weil Ängste in mir wach werden, die aufgelöst werden wollen.

Vielleicht darf ich meiner Intuition wieder vertrauen, wenn ich erkenne, wo das Holz verwittert ist, wo ich zuerst meine Höhenangst anschauen und sie heilen darf, bevor ich hinübergehe.

Denn nur dann schreie ich niemanden an, weil mein Nervensystem nicht im Überlebensmodus gefangen ist.

Diese innere Arbeit ist die eigentliche Grundlage für Begegnung – und sie verdient ihren eigenen Raum, den ich hier näher beleuchte.

Und manchmal ist es keine Brücke, die uns trägt,
sondern eine Trækfærge – eine kleine Zugfähre, die nur dann ans andere Ufer kommt, wenn wir selbst ziehen.
🛶 Sie erinnert uns daran, dass Bewusstheit Bewegung braucht.
Und dass wir das Tempo selbst bestimmen dürfen.

Erst wenn ich mir meiner eigenen Anteile bewusst werde – in jeder Bewertung, in jeder Reaktion, in jeder Beziehung – kann ich anderen wirklich wohlwollend begegnen.

Das ist Persönlichkeitsentwicklung in ihrer tiefsten Form.
Für mich.
Für andere.
Für die Welt.


Handgezogene Trækfærge mit Mensch und Hund in Dänemark – Symbol für Vertrauen, Bewusstheit und den Weg zu innerer Stärke.

Bewusstheit ist kein Werkzeug – sie ist eine Haltung

Vielleicht ist es genau das, was wir in unserer Gesellschaft gerade lernen dürfen:
dass Bewusstheit keine Methode ist, sondern eine Haltung.
Dass Feedback kein Ersatz für Mut ist.
Und dass Kommunikation nur dann heilt, wenn sie nicht länger als Waffe oder Pflicht verstanden wird, sondern als Brücke.

Eine Brücke zwischen Menschen, die bereit sind, sich wirklich zu begegnen. 🌾


💬 Wie erlebst du Feedback - verbindend oder belastend?

Erzähle es mir gerne in einer persönlichen Nachricht - über mein Kontaktformular oder auf instagram oder Facebook.

Katja Schoonbergen ist KreativCoachin & Gründerin der Wunder-B.A.R. Sie begleitet Menschen mit Stift, Herz & Humor dabei, ihre kreative Kraft (wieder) zuentdecken. Zwischen Journaling, Sketchnotes und alltagstauglichen Mini-Auszeiten lädt sie dazu ein, die eigene Leichtigkeit liebevoll zurückzuerobern.
In ihrer Heimat, der Lüneburger Heide, entstehen ihre Impulse – mit Leuchtturm-Blick, Cappuccino & einem Herz für Menschen, die oft zu viel geben.

Katja Schoonbergen

Katja Schoonbergen ist KreativCoachin & Gründerin der Wunder-B.A.R. Sie begleitet Menschen mit Stift, Herz & Humor dabei, ihre kreative Kraft (wieder) zuentdecken. Zwischen Journaling, Sketchnotes und alltagstauglichen Mini-Auszeiten lädt sie dazu ein, die eigene Leichtigkeit liebevoll zurückzuerobern. In ihrer Heimat, der Lüneburger Heide, entstehen ihre Impulse – mit Leuchtturm-Blick, Cappuccino & einem Herz für Menschen, die oft zu viel geben.

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